Referat von Franziska Wolff

Corporate Identity-Analyse einer Universität:
Abwandlung unternehmerischer Modelle, Leitsätze, Gestaltungen.
Worin besteht die Funktion einer Universität und wie ist deren Leistung meßbar?

1. Funktionen einer Universität
2. Was ist Leistung?
3. Besonderheiten von Universitäten
4. Problematik der Messung von Leistungen einer Universität
5. Bedeutung der Leistung für die Corporate Identity (CI) einer Universität

 

1. Funktionen einer Universität

* Aus- und Weiterbildung
* Grundlagen- und angewandte Forschung
* Arbeitgeberin
* Selbstverwaltung
* Auftraggeberin für externe Dienstleistungen
o Dienstleistungen
o Wissens- und Technologietransfer
o Erstellung von Gutachten
o Krankenhausleistungen
o Bereitstellung von Bibliotheken
o Beschafferin von Drittmittelarbeitsplätzen

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2. Was ist Leistung?

Leistung wird allgemein als die in bestimmter Zeit verrichtete Arbeit...
(Brockhaus, 1971, Bd. 11, S. 316) definiert. In der Betriebswirtschaftslehre
gibt es folgende Formel zur Leistungsmessung:

Leistung = Leistungseinheit bzw. ihr Wert/Zeitraum

Leistungseinheit kann hier der Wert der hervorgebrachten Sachgüter und/oder
bereitgestellter Dienstleistungen (DL) sein. Es wird zwischen Leistung, die am Markt veräußert werden soll (absatzbestimmte Leistung) und innerbetriebliche Leistung, die für den Wiedereinsatz im Betrieb gedacht ist unterschieden.
Leistung muß hierfür qualitativ und quantitativ erfaßt werden können. Sehr einfach kann z.B. die Leistung eines Arbeiters am Fließband erfaßt werden. Es gibt allerdings bei einigen Formen von Leistung keine direkte Möglichkeit die erbrachte Leistung zu messen (z.B. Leistung einer Führungsperson in einem Unternehmen). In derartigen Fällen muß auf Leistungsindikatoren zurückgegriffen werden, durch die die Leistung teilweise indirekt erfaßt werden kann (am Beispiel einer Führungsperson kann dies über den Grad der erreichten gesteckten Ziele erfaßt werden, z.B. Marktanteil, Umsatz, Projekte). Ein Teil der Arbeit ist in diesem Fall gar nicht meßbar.

Möglichkeiten der Leistungsdifferenzierung (vgl. Meffert/Bruhn, 1997):
* qualitativ, quantitativ, nach Intensität
* absatzbestimmt oder innerbetrieblich
* direkt, indirekt oder nicht meßbar
* zeitraumbezogen
* Dienstleistungen oder Produktion von Sachgütern

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Universität ist in ihrer Hauptfunktion Dienstleister.
Besonderheit von Dienstleistungen allgemein:
* Immaterialität (Nichtlagerfähigkeit und Nichttransportfähigkeit)
* Leistungsfähigkeit des Dienstleistungsanbieters:
o Know-how, menschliche Fähigkeiten
* Integration des externen Faktors in den Dienstleistungserstellungsprozeß
o insbesondere. die Mitarbeit von Studenten im Lernprozeß

Die Messung der Leistung wird durch die Besonderheiten von Dienstleistungen erschwert im Vergleich zu der Leistung bei der Produktion von Sachgütern. Die Leistungsermittlung für eine strategische Ausrichtung über Marktforschung muß den Besonderheiten wie Folgt Rechnung tragen (vgl. Meffert/Bruhn, 1997):

Immaterialität:
* Analysen über die Nachfrageverteilung (Nachfragehöhe, Nachfrageschwankungen,
Öffnungszeiten)
* Analysen der Kundendaten
* Einsatz von Informationssystemen
* Image- und Zufriedenheitsanalysen
* Untersuchung des Adoptions- und Diffusionsprozesses für
Dienstleistungsinnovationen
* Beschwerdestatistik

Integration des externen Faktors:
* Standortforschung
* Zufriedenheitsforschung
* Analysen über das Integrationsverhalten der Kunden bei interaktiven Dienstleistungen
* Auswertung der Informationen des Kontaktpersonals

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3. Besonderheiten von Universitäten

Universität [lat. universitas ìGesamtheitì] ist eine ìstaatliche, kirchl.oder private, in der Regel körperschaftlich verfaßte Einrichtung zu institutionalisierter Pflege der Wissenschaften in Forschung, Lehre Studium und Ausbildung mit dem Recht der Selbstverwaltung, Selbstergänzung und der Promotionì (vgl. Brockhaus, 1971, Bd.19, S. 267). Die ersten Universitäten entstanden im Mittelalter z.B. in Kairo, Bologna und Paris.
Ursprünglich waren sie als Studium Generale der Theologie, als Juristen- oder Ärzteschulen entstanden. Um die Wende des 12. Jh. wurden sie zu Universitäten durch die Bildung juristischer Körperschaften, die Promotionsrechte durch kaiserl. Privilegien und durch päpstl. Bullen erhielten. (Brockhaus, 1971, Bd.19, S. 267)

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Während Unternehmen dem Marktgesetz unterworfen sind, d.h. derjenige, der nicht mehr wettbewerbsfähig ist, überlebt nicht, sind die Universitäten als non-profit-Unternehmenì keinem so direkten Kampf ausgesetzt. Sie sind größtenteils staatlich finanzierte Einrichtungen, die derzeit verfassungsgemäß keine monetären Ziele anstreben. Vielmehr stehen hier die Ausführung der Hauptfunktionen im Vordergrund. Heute wird, wie anderen öffentlichen Einrichtungen auch den Universitäten der Geldhahn zugedreht - mit schweren Folgen. Die Universitäten sehen sich nicht nur einer vervielfachten Studentenzahl gegenüber, sie haben auch gleichzeitig weniger Mittel zur Verfügung ihren Auftrag auszuführen. Laut Hochschulgesetz haben sie zwar das Recht zur Selbstverwaltung, tragende Entscheidungen kann die Universität allerdings nur mit Zustimmung der zuständigen Gremien und Organe und des zuständigen Kultusministers fällen. Ein weiterer wichtiger Unterschied zwischen der Arbeitsweise eines Unternehmens sind die Beschäftigungsverhältnisse. Die Professoren einer Universität werden auf Lebzeit berufen. Es gibt wenig Möglichkeiten von der Universitätsleitung Vorschriften bezüglich ihrer Arbeitsleistung zu machen. Auch die Kontrollmöglichkeiten sind verglichen Beispielsweise mit Führungskräften eines Unternehmens erheblich eingeschränkt. Allerdings stellt sich hier die Frage, ob sich bei kreativer wissenschaftlicher Arbeit eine Leistungskontrolle nicht eher hemmend auf die Leistung auswirkt.
Die einzelnen Fachbereiche an den Universitäten sind relativ autonom. Es werden unterschiedliche Regelungen getroffen, die vorhandenen Mittel unterschiedlich verteilt, ohne ein einheitliches Konzept.
Schließlich sind Produkt, Kunde und Mitarbeiter in der Universität nicht so eindeutig in Gruppen einzugliedern wie in Unternehmen.

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4. Problematik der Messung von Leistungen einer Universität

Im Gegensatz zu der Kostenerfassung ist die Leistungserfassung gerade im Funktionsbereich der Universität sehr schwierig, da es sich hier hauptsächlich um Dienstleistungen handelt.

4.1. Möglichkeiten der Leistungserfassung durch:

a.) Statistische Aufstellungen aus der Verwaltung über Anzahl Studenten, Professoren, Mitarbeiter (Anzahl der Absolventen, Anzahl der Studienabbrecher, Betreuungsverhältnisse, durchschnittliche Studiendauer etc.)
* Fluktuation der Mitarbeiter, Professoren
* über Anzahl von Publikationen in Fachliteratur einzelner Professoren
* über Anzahl von Forschungsprojekten
* Qualität und Quantität der Ausstattung (z.B. Laborausstattung)
* über Bezüge - vom Staat, vom Land, Drittmittel

b.) Befragungen
* von Mitarbeitern
* von Professoren
* von Studenten
* von Unternehmen, die von Universitäten rekrutieren
* von Unternehmen, die Dienstleistungen für die Universität erbringen

Beispiel: Fragebogen an Professoren und an Studenten der Stiftung Warentest in Kooperation mit dem CHE Centrum für Hochschulentwicklung zur Ermittlung der Studienbedingungen und mit dem Ziel der Herausgabe eines Vergleichenden Studienführers.

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4.2. Probleme der Leistungserfassung

* meist hoher Erhebungsaufwand
* Kostenintensiv
* Verfahren teilweise nur als Ergänzung zu anderen Verfahren wertvoll
* Schwierige Datenerhebung durch Kooperationsdefizite der beteiligten Personen
* Strukturen der Universität
* Forschungsleistung ist schwer zu bewerten und zu messen; die Bedeutung und Tragweite
einer Entdeckung wird u.U. erst Jahre später erkannt und genutzt.
Der Druck einer ständigen Leistungskontrolle auf denWissenschaftler könnte hemmend auf
seine Kreativität wirken.

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5. Bedeutung der Leistung für die Corporate Identity (CI) einer Universität

Der erste Schritt bei der Entwicklung einer CI in einem Unternehmen ist die Status quo/ Stärken/ Schwächenanalyse. Hier werden die Leistungen und Kosten erfaßt und miteinander in Bezug gesetzt, so daß in den jeweiligen Bereichen Schwachstellen und Stärken erkannt werden können. Dies gilt für jeden Bereich des Unternehmens, in diesem Falle Universität. Auf der Basis der Ergebnisse sollen die Ziele für die gesamte Organisation resultieren.
In einem Artikel im Manager Magazin (Juni 1997, S. 208-226) schlägt Herbert Henzler, Chef von McKinsey Deutschland sein Konzept für eine Corporate University vor. Seine Kernthesen sind:

* Wettbewerb unter Hochschulen zahlt sich aus - internationale Konkurrenz
gut für die Qualität der Hochschulen
* Praxisbezug und wissenschaftliche Reputation sind keine Gegensätze, wie einige Vorbilder Zeiten (allerdings auf dem Gebiet der Wirtschaftswissenschaften): Praktika wichtig.
* Die Erfolgsfaktoren Top-Hochschulen sind Profilbildung, Internationalität, Bewertung der Lehre, Forschung und Praxisbezug.

In Bezug auf die Wirtschaftswissenschaften mag die Forderungen nach Praxisbezug berechtigt sein. Es gibt allerdings Fachbereiche, bei denen es unmöglich wäre Praxis vorzuschreiben: wie z.B. bei den Kulturwissenschaften. Studiengänge, die keine Berufsausbildung darstellen, benötigen andere Erfolgsindikatoren für ihre Leistung.

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Das Profil sollte sich nach den Stärken der Universität in ihrem Leistungsangebot zusammensetzen. So z.B. bestimmte Fachrichtungen besonders gut ausbauen, größere Schwerpunkte auf Forschung oder Lehre setzen, etc. Durch ein bestimmtes Profil und festgesetzte Grundsätze kann die Universität auch gegenüber Unternehmen und Sponsoren ganz anders auftreten, insbesondere, wenn die Universität ihr Profil nach Außen trägt und sich ein Image verschafft.

Da es bei unterschiedlichen Interessengruppen unterschiedliche Präferenzen für die jeweiligen Ausrichtungen von Universitäten gibt, wird es der Universität gerade bei Studien über nur eine Fachrichtung (z.B. Jura im Manager Magazin 2/1994, S. 138-156) oder aber auch bei dem Vergleich der Bewertung aller Universitäten von Managern und Professoren (z.B. Manager Magazin 1/1992, S.148-163) zugute kommen.

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Vorteile einer CI für die Universität:

* Leistungsmotivation durch Identifikation: bei Professoren. Das Ziel der Umsetzung einer CI ist nicht nur nach Außen gerichtet, imageorientiert. Genauso wichtig ist auch die Umsetzung nach innen, die Identitätsorientierung. Dafür ist es notwendig ein Profil zu erstellen, mit dem sich Professoren, Mitarbeiter der Verwaltung, Studenten usw. identifizieren können. Im Zusammenhang dieser Profilbildung werden Ziele vereinbart, insbesondere Leistungsziele. Die Verinnerlichung der CI und damit auch der vereinbarten Ziele soll die Motivation zur Zielerreichung fördern und damit eine größere Leistungsbereitschaft bewirken. Dies ist insbesondere für nicht meßbare Leistung wichtig und im Zusammenhang der Schwierigkeit Beamte zu höherer Leistung zu motivieren.
* Leistungsmotivation durch Identifikation: bei Studenten Zufriedenheit mit der Lehre - Kreislauf.
* Leistungsmotivation durch Identifikation: bei Mitarbeitern
* Bessere Ausnutzung der Potentiale z.B. Interdisziplinäre Forschung etc.
durch bessere Kommunikation

Probleme bei der Implementierung einer CI in einer Universität:

* Diese Verinnerlichung der Ziele ist problematisch zu sehen. Gerade in
der Universität vertreten die jeweiligen Gruppen wie Professoren,
Studenten, Mitarbeiter etc. sehr kontroverse Meinungen und Ziele, die
sehr schwierig auf einen Nenner zu bringen sind.

Franziska Wolff Nov1997

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