olaf kriseleit @culture.hu-berlin.de
Seminar "Funkhäuser" am 05.01.98

Es werden 3 unterschiedliche Komponenten dargestellt. Beliebt ist zuerst das Funkhaus als filmischer oder literarischer Handlungsraum. Dieses Funkhaus ist für uns interessant, da es sich um ein Meta-Funkhaus handelt, nach dessen Topologie wir suchen können. Zweitens geben die Rundfunkmacher in ihrem Konflikt mit dem Apparat Rundfunk Stoff für zahlreiche Filme er. Der dritte Aspekt, die eigentliche Architektur, spielt vor allem als Werk berühmter Architekten oder als Ereignisort von Rundfunkmythen (War of the wolds etc.) eine Rolle.

1. Der Prozeß Rundfunkproduktion im Gehäuse Funkhaus gibt zB in "Dr. Murkes gesammeltes Schweigen" den Hauptstoff her.
Oft kommt das Phänomen der Raum-Zeit- Transformation zur Geltung. Ausdruck ist der Gegensatz zwischen Liveberichten mit ubiqitärer Ätherpräsenz und der Institutionalisierung des hauptsächlichen Produktionsprozesses. Das können wir wunderbar in "Radio-Days" und "Cosmo" beobachten.
Auch der Mythos Interaktivität kommt auch in beiden Filmen gehörig vor. Einerseits werden Einbrecher in einer fremden Wohnung in eine Quizz-Show integriert und gewinnen dort sogar, und andererseits werden die schönsten Mädchen einer amerikanischen Kleinstadt von Außerirdischen durch den Äther entführt, obwohl der Moderator sie anfleht, seine Sendung abzuschalten. Aber die witzige Sendung, in der Mädchen durch den Ätherraum entführt werden, ist einfach zu gut, um sie abzuschalten.

2. Die Macher stehen im Mittelpunkt der meisten Filmwerke und auch durch Printmedien, Dokfilm oder Mundpropaganda vermittelter Mythen. Als erstes Beispiel seien hier die geheimnisvollen Vorgänge um den Leiter vom Dienst im Haus des Rundfunks, von Schnitzler genannt, die natürlich bei unserer Führung durch die Architektur zur Sprache kamen. Da es uns aber um Kunst geht, möchte ich nur die Titel einiger Filme nennen, in denen es um Moderatoren geht: König der Fischer, Stadtgeflüster, Sadistico-Wunschkonzert für einen Toten, ....

So wurde zur Filmfassung von "Dr.Murke" die Geschichte über einen aus der Ostberliner Nalepastraße in den Westen gegangenen Ost-Techniker hinzugeschummelt, die weder im Text, noch in den zahlreichen Hörspielfassungen vorkommt. Dieser Umstand könnte eine Aussage über die Textlastigkeit und den an Assoziationen im Vergleich zum Film reichen Radio- Höreindruck treffen. Radiohören ist dem Buchlesen vielleicht doch so ähnlich, daß man solche Erfindungen von Figuren, zu denen das Publikum Beziehungen aufbauen kann, dort nicht braucht? Zu erinnern ist hier unbedingt an McLuhans Überlegungen über Chruschtschows gedachte Auftritte während der Kuba-Krise im US- Fernsehen und -Radio.
Der Rundfunkmacher im Konflikt mit der räumlichen Realität in der Sendeanstalt ist prominentes Individuum und Rädchen im Getriebe zugleich.Ausdruck ist die Glasscheibe zwischen Studio und Regie. Inhalt und Form, Rundfunkkünstler und Rundfunkapparat befinden sich jenseits und diesseits des Studiofensters. Und deshalb ist die Moderatorenhandlung und der Moderatorenkult im Film natürlich immer auch eine stilisierte und auf zeichenhaftes reduzierte Darstellung der räumlichen Funkhaus-Realität.

3. Die Architektur spielt oft nur im geschichtlichen Kontext eine Rolle. Das heißt, daß auch hier der Prozeß eigentlich die Hauptrolle spielt, die Architektur aber mehrere Generationen von Programm und -machern überdauert hat. Die Architektur ist nur noch das Zeichen für Macht oder Zeitgeist. Das Zeichen ersetzt, illustriert oder verkürzt den Einführungstext in schauerliche Geschichten über totalitäre Regime. Funkverkehr und Kampf im Ätherraum wird auf militärischen Funkverkehr reduziert, obwohl die Umstürze (zB in Moskau) sich um Parlament und Funkhaus drehen.
Die Beschreibung des Handlungsraumes Funkhaus im Film ist ähnlich reduziert wie in der Literatur. Die individuellen Konstellationen der Insignien des Funkhausbetriebs sind uninteressant, da die allgemeine Erscheinung alleine schon zeichenhaft genug ist.
Das gilt für sämtliche Handlungsräume im literarischen Funkhaus. Die Spielorte vor unter hinter dem Studiofenster zeichnen sich durch unterschiedliche Helligkeit, durch Technik im Hintergrund des Kameraausschnittes etc. aus. Wir werden dies in den beiden von mir angeschnittenen Filmen sehen.